Buddi
Bedarfsorientierte Unterstützung und Qualifizierung für digitale Transformationsprozesse im Öffentlichen Gesundheitsdienst
Projektlaufzeit: 01.10.2022 – 30.09.2024

Im Zuge der SARS-CoV-2-Pandemie sind die Defizite der digitalen Transformation des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) sichtbar geworden. Digitalisierung erfordert das Bestehen digitaler Tools (z. B. Softwarelösungen, Fachanwendungen) und digitaler Angebote (z. B. E-Learning), die in die vielschichtigen Strukturen des ÖGD implementierbar sind. Dabei ist neben der Heterogenität im ÖGD selbst auch die komplexe Mehrebenenstruktur der kommunalen Verwaltung zu berücksichtigen: Die systemischen Dimensionen der Makroebene stellen nicht nur Anforderungen, sondern gleichzeitig auch richtungsweisende Instanzen dar, die sich auf organisationaler Ebene und damit in strukturellen Verankerungen von Arbeitsprozessen auf Mesoebene auswirken.
Hinzu kommt, dass für eine nachhaltige digitale Transformation auf Mikroebene auch die subjektive, personale Betroffenheit infolge etwaiger Veränderungen berücksichtigt werden muss. Capacity-Building auf der Mikroebene ist gleichzeitig eine Voraussetzung dafür, dass die von Akteur:innen des ÖGD sowie Bürger:innen signalisierten Ressentiments bei der Adaption digitaler Tools und Angeboten in der öffentlichen Verwaltung sukzessive abgebaut werden können.
Im Rahmen des BUDDI-Projektes zielt das Angebot der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen (AÖGW) unter Berücksichtigung der digitalen Reife auf eine ganzheitliche Betrachtung und damit verbunden auf einen nachhaltigen Aufbau von Infrastrukturen im ÖGD auf allen Ebenen ab: Auf Makroebene werden die systemischen Rahmenbedingungen des ÖGD durch die Arbeit des Projektbüros Digitale Tools (PDT) und die Beteiligung des Reifegradmodells erweitert.
Auf Mesoebene werden die Arbeitsprozesse im ÖGD durch den Zugang zu einer digitalen Bibliothek und die Empfehlung von Tools unterstützt. Auf Mikroebene werden die benötigten Kompetenzen für die digitale Transformation der Mitarbeitenden der Gesundheitsämter durch Bildungsangebote für Anwender:innen und Administrator:innen gestärkt (Abbildung unten).
Das übergeordnete Ziel von BUDDI ist damit die professionelle Unterstützung der digitalen Transformation des ÖGD durch verschiedene qualitätsgesicherte Maßnahmen zur Steigerung der digitalen Reife der Gesundheitsämter.

Das Projekt ist in die drei Teilprojekte Projektbüro Digitale Tools (PDT), Digitale Kompetenzen und Digitale Johann Peter Frank-Bibliothek unterteilt. Die Ergebnisse der drei vorgestellten Teilprojekte werden an der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen disseminiert und nachhaltig institutionalisiert.
Vorgehen in den Teilprojekten
Projektbüro Digitale Tools
Das Ziel von Teilprojekt 1 ist es, dem ÖGD eine qualitätsgesicherte Übersicht über angebotene Tools zur Verfügung zu stellen, die an wissenschaftlich fundierten Bewertungskriterien ausgerichtet ist. Darüber hinaus steht ein wissenschaftlich qualifizierter Bewertungsprozess zur Verfügung, um bedarfsorientierte Bewertungen digitaler Tools (anhand von evaluierten Checklisten) vornehmen zu können.
Das bereits geförderte Projektbüro Digitale Tools (PDT) soll im Rahmen des BUDDI-Vorhabens wissenschaftlich weiterentwickelt werden. Die aus diesem Prozess resultierenden Instrumente und Verfahren zur Bewertung digitaler Tools (z. B. Checklisten) werden dem ÖGD zur Verfügung gestellt.
Digitale Transformationsprozesse erfordern nicht nur eine bedarfsgerechte Entwicklung digitaler Anwendungen, wie sie beispielsweise zur Verbesserung der Kommunikation im Rahmen des Infektionsschutzes zwischen ÖGD-Akteur:innen und Bürger:innen benötigt werden, sondern auch die Qualitätssicherung hierfür bereitgestellter Tools.
Das PDT koordiniert dafür ein Bewertungsverfahren, in dessen Rahmen mit Unterstützung von zwei Beiräten analysiert wird, welche Tools im ÖGD sicher, skalierbar und bestenfalls mit anderen Anwendungen interoperabel sind: Der Fachliche Beirat beschäftigt sich mit der Bewertung des Nutzens, des Mehrwerts und der Anwender:innenfreundlichkeit, während der Technische Beirat die Einsatzfähigkeit der Tools in rechtlicher, technischer und semantischer Hinsicht beurteilt. Die Bewertung orientiert sich aktuell an festgelegten Kriterien (fachliche, rechtliche, normative, technische und semantische Dimensionen), die in Zusammenarbeit mit Expert:innen identifiziert und abgestimmt wurden.
Digitale Kompetenzen
Um die Unterstützung und Begleitung von digitalen Transformationsprozessen bei Anwender:innen sowie Administrator:innen zu intensivieren, definiert das Ziel des Teilprojekts Digitale Kompetenzen, ein umfassendes Bildungsangebot wissenschaftlich zu evaluieren, weiterzuentwickeln und nachhaltig zu institutionalisieren. Dafür ist es in die beiden Arbeitsstränge „Anwender:innen“ und „Administrator:innen“ aufgeteilt.
Anwender:innen: Ein zentrales Element im Rahmen der digitalen Transformation des ÖGD ist die unterstützende Befähigung der Mitarbeitenden. Ein an die ÖGD-Beschäftigten aller Bundesländer adressiertes Bildungsangebot, das auf Wunsch der Trägerländer der AÖGW entwickelt wurde, stärkt die Kompetenzentwicklung für digitale Transformationsprozesse im ÖGD. Aktuelle Themen sind bspw. Kommunikationsstrategien im digitalen Raum und Führungskompetenzen in der digitalen Transformation. Das modulare Programm sieht ein agiles Bildungsmanagement vor, das durch wiederkehrende Retrospektiven und Reviews die Bedarfe der Gesundheitsämter und die Bedürfnisse der Teilnehmenden systematisch reflektiert und sich anschließende Module daran ausrichtet. Aufgrund der hohen Dynamik der digitalen Transformation und Interaktivität des geplanten Programms ist eine evidenzbasierte Weiterentwicklung inklusive begleitender Akzeptanzanalyse und Prozessevaluation notwendig, um das Bildungsangebot bedarfs- und adressat:innen-orientiert zu fundieren und qualitativ zu sichern.
Administrator:innen: Interoperabilität, IT-Sicherheit und Datenschutz sind wichtige Bausteine der digitalen Transformation im ÖGD. Um die digitalen Kompetenzen der Administrator:innen der Gesundheitsämter zu adressieren, wird eine IT-Workshop-Reihe angeboten, die sich mit aktuellen Fragen wie der Interoperabilität von Anwendungen zur Akzeptanzsteigerung beschäftigt. Dies erfordert eine begleitende Bedarfsanalyse sowie eine anwendungsbezogene Analyse des aktuellen Diskurses, um relevante Themenschwerpunkte der Informationstechnik direkt in die Aus-, Fort- und Weiterbildung einfließen zu lassen und auf die Agilität der digitalen Transformationsentwicklungen zu reagieren. Für die Qualitätssicherung wird darüber hinaus ein Austauschforum geschaffen, das stets aktuelle Expertisen in Bezug auf IT-Sicherheit, Datenschutz und Dateninteroperabilität im ÖGD bündelt. Auch dieser Bereich unterliegt einer begleitenden wissenschaftlichen Prozessevaluation.
Interview zum Fortbildungsangebot
Digitale Johann Peter Frank-Bibliothek
Das Ziel von Teilprojekt 3 ist die Einrichtung einer zentralen digitalen Bibliothek als wissenschaftliche Informations- und Wissensplattform. Zusammen mit einer Nachrichten-App, die u. a. eine regelmäßige Übersicht mit den wichtigsten Veröffentlichungen zu ÖDG-relevanten Themen beinhaltet, wird die im Pakt für den ÖGD geforderte Stärkung der Wissenschaftsbasis im ÖGD intensiviert.
Johann Peter Frank-Bibliothek (JPF-Bibliothek): Die digitale JPF-Bibliothek mit einem zentralen, standortunabhängigen und einheitlichen Informations- und Recherchesystem bietet ÖGD-Akteur:innen einen direkten Zugriff auf eine Vielzahl ÖGD-relevanter Literatur und Informationsquellen (z. B. Online-Datenbanken, E-Books, E-Journals, digitale Gesetzestexte und Kommentare). Unmittelbar verfügbare und abrufbare Literatur ermöglicht den Gesundheitsämtern die Herstellung einheitlicher Informationsstandards. In die JPF-Bibliothek sollen die Bestände der AÖGW-Präsenzbibliothek mit ca. 10.000 Monographien und knapp 50 Zeitschriften sowie Gesetzes-/Verordnungs-/Loseblattsammlungen integriert werden. Der gemeinschaftliche, erweiterte Zugang bietet erhebliche Synergien bzgl. Kosten- und Ressourceneinsparungen für die einzelnen Gesundheitsämter. Nach Installation eines Bibliotheksmanagementsystems wird für das Teilprojekt zunächst eine wissenschaftliche Bedarfsanalyse durchgeführt, um die Anforderungen der zukünftigen Anwender:innen beim Aufbau der Bibliothek zu berücksichtigen. Um ein zentrales Management und eine kontinuierliche Administration sowie Erweiterung der digitalen Ressourcen zu gewährleisten, werden neben der technischen Organisation der digitalen Bibliothek lizenzrechtliche Vereinbarungen mit den Anbieter:innen kostenpflichtiger elektronischer Inhalte (z. B. Datenbanken, E-Books und E-Journals) auf Basis der ermittelten Anforderungen verhandelt und abgeschlossen. Abschließend wird die einzurichtende digitale Bibliothek bzgl. der Akzeptanz der Anwender:innen evaluiert.
ÖGD NEWS-App: Seit Ende April 2022 steht die ÖGD NEWS-App öffentlich zur Verfügung. Die App bietet für den ÖGD kuratierte und redaktionell aufbereitete Nachrichten, eine (werk-)tägliche, zusammenfassende Presseschau sowie aktuelle Veranstaltungshinweise. Eine weitere Rubrik wird Tools aufführen, die den durch das PDT initiierten Bewertungsprozess erfolgreich durchlaufen haben und somit als ÖGD-geeignete digitale Tools gelten. Die Redaktion der App setzt auf die Zusammenarbeit mit anderen ÖGD-Akteur:innen wie dem Robert Koch-Institut und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und vernetzt sich mit Plattformen wie Agora. Die Zahl der App-Downloads belief sich am 31. Mai 2022 auf ca. 1.000 und erhöhte sich bis Mitte Juli 2022 auf ca. 7.800 Downloads (inkl. Desktopdownloads) in den Appstores. Um die App nach den Bedarfen der Nutzer:innen auszurichten (z. B. Terminübernahme in Outlook, optimierte Filterfunktonen), bedarf es der kontinuierlichen Weiterentwicklung. Hierzu wird eine wissenschaftliche Begleitung in Form einer quantitativen Bedarfs- und Bedürfnisanalyse durchgeführt.
Wissenschaftlicher Beirat
Zur externen Evaluation und im Sinne einer Qualitätssicherung der wissenschaftlichen Ergebnisse der drei Teilprojekte wird ein Wissenschaftlicher Beirat gegründet, der sich aus Expert:innen der Wissenschaft und Praxis des Öffentlichen Gesundheitswesens zusammensetzt.

Ansprechperson
Prof.in Dr. phil. Dagmar Starke
Fachliche Koordination, Leiterin (komm.) der Akademie
0211 - 3 10 96-33 Kontaktformular