Sommerakademie 2023: Gesundheitsämter begegnen den Gefahren des Klimawandels

Die Gesundheitsämter sind weiter maximal gefordert: Nachdem sie während der Pandemie in den Fokus der Öffentlichkeit rückten, sind sie nun bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels gefragt. Das ist das Fazit der Sommerakademie 2023 der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen (AÖGW) am 1. September.

Das Bild zeigt Maike Voss auf der Sommerakademie der AÖGW.
AÖGW

Prof. Lars Schaade, kommissarischer Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), machte deutlich, dass eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedenster Akteur:innen nötig sei, um den vielfältigen Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen. Diese stellt das RKI in drei Sachstandsberichten „Klimawandel und Gesundheit“ dar, dessen zweiter am 6. September erscheint. Die Gesundheitsämter seien bei der Bekämpfung von Tigermücken genauso gefragt wie bei Infektionskrankheiten.

Wer genau welche Aufgabe im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels übernehmen soll, ist nach Worten von Maike Voss, noch nicht ganz klar – dies interpretiert sie als Chance für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD). Die Geschäftsführende Direktorin des Centre for Planetary Health Policy (CPHP) appellierte, auch zivilgesellschaftliche Gruppen in die Netzwerke einzubinden. „Der Klimawandel ist eine große Bedrohung für die globale Gesundheit, aber auch eine Chance für den Gesundheitsschutz“, sagte Voss. Denn wenn mehr Menschen aufs Fahrrad umstiegen, sinke nicht nur der CO2-Ausstoß, die Menschen lebten dank mehr Bewegung auch gesünder.

Gerhard Herrmann, Leiter der Abteilung V „Gesundheitsversorgung, Krankenversicherung“ im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen, wies auf die Maßnahmen rund um den Klimaschutz hin, die die Landesgesundheitskonferenz NRW 2022 beschlossen habe. Die Umsetzung laufe, etwa durch Umbauten in Krankenhäusern. Der ÖGD spiele eine wichtige Rolle und müsse über das Jahr 2026 gestärkt werden, die derzeitigen Haushalts-Beratungen ließen allerdings „Ungemach erwarten“. Um die Prozesse im bevölkerungsreichsten Bundesland effektiver zu gestalten, sei ein Landesamt für Gesundheit und Arbeitsschutz in Vorbereitung.

In Hessen sind diese Pläne schon umgesetzt. Das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege hat die Arbeit aufgenommen, berichtete Dr. Klaus Jahn vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration und Vorsitzender des AÖGW-Kuratoriums. Beim Klimaschutz richte sich der Blick des ÖGD vor allem auf vulnerable Gruppen, etwa Säuglinge und alte Menschen.

In Köln sind bereits vor fünf Jahren erste Hitzeaktionspläne für alte Menschen aufgestellt worden – angestoßen vom Umwelt- und Verbraucherschutzamt. Darauf wies Dr. Johannes Nießen hin, Vorsitzender des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und Leiter des Gesundheitsamtes Köln. Befragungen hätten gezeigt, dass die baulichen Gegebenheiten noch unzureichend seien. Inzwischen sei aber das Warnsystem erheblich verbessert worden, etwa durch ein Hitze-Telefon oder Hinweise auf City-Light-Postern im öffentlichen Raum. Auch die Aufklärung laufe besser, erfolgreich waren z. B. die Auftritte einer Mundart-Band in Kölner Altenheimen, die zum regelmäßigen Wasser-Trinken animiert hätten.

André Martini ging auf Krisen infolge des Klimawandels ein. „Darauf müssen wir uns sehr gut vorbereiten“, sagte der Referent für Notfallplanung und Krisenmanagement der AÖGW. Am Beispiel der Wasserversorgung machte er deutlich, dass Lücken zu schließen seien. Denn Trinkwasser-Aufbereitungen liefen vielerorts erst nach 72 Stunden, doch Wasser werde auch in den ersten drei Tagen gebraucht, und entsprechendes Equipment gebe es nur vereinzelt, etwa in Mülheim an der Ruhr. Es gebe also noch viel zu tun.

Moderiert von der kommissarischen AÖGW-Leiterin Prof.in Dr. Dagmar Starke und Dr. Kirsten Hasper, Referentin für Begutachtung und Öffentliches Gesundheitswesen, tauschten sich die rund 100 Teilnehmenden der Sommerakademie aus. Die Diskussionen liefen beim anschließenden fachlichen Austausch munter weiter – und pünktlich dazu kam auch noch die Sonne heraus.