Digitalisierung: Gesetze sollen für Geschwindigkeit sorgen

Mehr Tempo bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen sollen zwei Gesetze bringen, die der Bundestag am 14. Dezember beschlossen hat. Herzstück des sogenannten Digitalgesetzes (Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens, kurz DigiG) sind die Regelungen zur elektronischen Patientenakte (ePA). Darüber hinaus regelt das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten, kurz GDNG) die Verwendung von Behandlungsdaten für Forschungszwecke, darunter auch die Daten auf der ePA. Beide Gesetze treten voraussichtlich im Februar 2024 in Kraft.

Abstrakte Digital-Grafik mit Menschen davor
Cosmin Serban | Unsplash
Digitalgesetz (DigiG)

Dieses Gesetz soll der elektronischen Patientenakte zum Durchbruch verhelfen. Die ePA können Versicherte schon seit Anfang 2021 erhalten, doch in der Praxis spielt sie bislang keine Rolle. Das dürfte sich wegen des Digitalgesetzes im kommenden Jahr ändern: Denn demnach müssen ab Anfang 2025 alle gesetzlichen Krankenkassen für alle ihre Versicherten eine ePA anlegen. Das passiert nur dann nicht, wenn eine versicherte Person widerspricht; dies ist neu und wird als Opt-out-Verfahren bezeichnet. Die privaten Versicherungen können die ePA ab Anfang 2025 anbieten, müssen dies aber im Gegensatz zu den gesetzlichen Kassen (noch) nicht tun.

Die ePA ist die zentrale Anwendung der Telematikinfrastruktur (TI). Auf die Daten in der ePA sollen die Versicherten via App zugreifen können. Bei den sogenannten Leistungserbringern läuft der Zugriff über die mit der TI verbundenen Primärsysteme, also beispielsweise die in den Gesundheitsämtern zentral eingesetzten Fachanwendungen. Künftig können somit auch Ärztinnen und Ärzte, die im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) arbeiten, die Daten der ePA nutzen, wenn die jeweiligen Versicherten den Zugriff gestatten.

Im Sozialgesetzbuch V ist zudem geregelt, dass auch andere Personen im ÖGD berechtigt sind, auf Daten etwa aus dem Untersuchungsheft für Kinder oder aus der pflegerischen Versorgung zuzugreifen. Der Zugriff von Nicht-Ärztinnen und -Ärzten im ÖGD ist demnach möglich, wenn dies „im Rahmen der von ihnen zulässigerweise zu erledigenden Tätigkeiten erforderlich ist und der Zugriff unter Aufsicht eines Arztes erfolgt“ (SGB V § 352).

Das Amt für Gesundheit und Prävention der Stadt Dresden ist bereits seit August 2022 an die TI angeschlossen. Die ePA sehen die Sachsen als große Chance im gesamten Versorgungsprozess. „Durch die Erweiterung von Funktionen und Nutzerkreisen bietet sie einen Mehrwert für die Gesundheitsämter, zum Beispiel durch die Dispensierdaten aus den E-Rezepten“, sagt Mathias Rochow, IT-Spezialist im Amt für Gesundheit und Prävention Dresden. Die Erfahrungen mit den (noch wenigen) ePA-Nutzer:innen zeigen, dass der Informations- und Datenaustausch dadurch schneller und sicherer wird. „Doch die meisten Patientinnen und Patienten haben bis dato die nötigen Zugriffsberechtigungen für den Abruf noch nicht erteilt“, berichtet Rochow.

Durch das oben erwähnte Opt-out-Verfahren dürfte sich dieser Umstand nun ändern. Nun komme es darauf an, die Authentifizierung für den Zugang zur ePA für die Versicherten so einfach wie möglich zu gestalten, meint der IT-Spezialist aus Dresden.

Zurück zu den Neuerungen des Digitalgesetzes: Die erste ePA-Anwendung soll eine vollständige Medikationsübersicht sein. Sie soll automatisch aus den Daten elektronischer Verordnungen (E-Rezepte) erzeugt werden; das E-Rezept ist schon vorher verpflichtend zum Jahresbeginn 2024 eingeführt worden. Im Digitalgesetz ist die Weiterentwicklung des E-Rezepts vorgegeben. So soll die E-Rezept-App der gematik künftig auch über ePA-Apps der Kassen genutzt werden können und weitere Features bieten. Außerdem erweitert das Digitalgesetz die Einsatzmöglichkeiten von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) und schafft Mengenbegrenzungen in der Telemedizin ab.

In der Vergangenheit lief die Arbeit mit der ePA in den Praxen und Krankenhäusern oft langsam. Die Performance könnte sich verbessern, denn unabhängig vom Digitalgesetz wurde eine neue Sicherheitsarchitektur beschlossen. Ob die ePA künftig wirklich mit ausreichender Geschwindigkeit funktioniert, hängt aber auch von den Primärsystemen ab.

Gesundheitsdatennutzungsgesetz

Dieses Gesetz soll nach Worten von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die nötige Infrastruktur schaffen, damit die Wissenschaft künftig auf Daten aus der ePA und anderen Quellen zugreifen kann. Wie bei der ePA gibt es auch für die Datennutzung ein sogenanntes Opt-out-Verfahren; wenn Versicherte dieses nutzen, dürfen ihre Daten nicht für Forschungen verwendet werden.

Die Freigabe von Daten liegt beim Forschungsdatenzentrum (FDZ) Gesundheit, das beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelt ist. Bei der Antragsberechtigung wird entscheidend sein, zu welchem Zweck,die Daten genutzt werden. Die Nutzung muss dem „Gemeinwohl“ dienen.

Eine Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten soll eingerichtet werden. Sie soll Daten aus verschiedenen Quellen verknüpfen und Anlaufstelle sein für Akteur:innen, die Gesundheitsdaten nutzen wollen.

Neu ist auch, dass Kranken- und Pflegekassen Daten zum Beispiel aus der Leistungsabrechnung für die individuelle Ansprache ihrer Versicherten verarbeiten dürfen, wenn dies dem individuellen Schutz der Gesundheit dient. So sollen künftig Kassen ihre Versicherten beispielsweise zu möglichen Wechselwirkungen in der ihnen verordneten Medikation oder besondere Risikofaktoren für Krebserkrankungen kontaktieren können.

Weitere Informationen:

Offizielle Pressemitteilung auf der Website des 

Bundesministeriums für Gesundheit

Details zur elektronischen Patientenakte (ePA) auf der

Website der gematik